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Die folgende Schrift bildet den Abdruck einer Rede, welche ich
auf der öffentlichen Festversammlung hielt, die zur Feier des 100jährigen
Bestehens der Hamburg-Altonaischen Bibelgesellschaft am 16. Oktober d. J.
in Hamburg stattfand. Die vertrauensvolle und liebenswürdige Einladung
dazu, die mir Herr Hauptpastor Professor D. Dr. Hunzinger in freundlichster
Weise persönlich überbrachte, rief naturgemäß zunächst
das Bedenken hervor, ob ein Philosoph der richtige Mann sei, um bei solchem Anlaß
zu sprechen. Aber ich überwand dies Bedenken durch die Erwägung, daß
dieser Gegenstand nicht bloß die Theologie und auch nicht bloß die
Kirche, sondern das ganze deutsche Volk ohne Unterschied der Richtungen und der
Bekenntnisse angehe; wie er unsere großen Dichter und Denker aufs
eingehendste beschäftigt hat, so soll er uns auch heute, ja in der Zeit des
Weltkriegs besonders, eine gemeinsame Angelegenheit bleiben. Möchte nun das
Wenige, das ich in einem kurzen Vortrag von dem schier unermeßlichen
Stoffe bringen konnte, auch in weiteren Kreisen eine freundliche Aufnahme
finden!
Jena, im November 1916.
Rudolf Eucken
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Anderes bedeutet die Zeitgeschichte, anderes die
Geistesgeschichte. Jene verfolgt den Verlauf der Ereignisse in der Zeit, ihr
Werden und Wachsen, ihr Sinken und Vergehen, sie sucht die Fülle des
Geschehens zu einer fortlaufenden Kette zu verbinden, sie zeigt, wie das Frühere
im Späteren fortwirkt, und wie dieses auf jenes zurückweist; die
Aufrollung dieser Bewegung hält sie in unablässiger Spannung. Aber was
sie an Leben enthüllt, das ist nicht mehr als ein Weiter- und
Weiterstreben, ein Hinübergleiten von einem Punkte zum anderen, das gelangt
nie zu einem Ruhen in sich selbst, das kann sich nie als einen Selbstzweck
geben, es ist weit mehr ein bloßes Lebenwollen, ein Jagen und Hasten nach
Leben als wahrhaftiges Leben; die einzelnen Wesen aber versinken hier nach
kurzer Daseinsfrist in den dunklen Abgrund des Nichts, sie sind nicht mehr als
flüchtige Bilder, die wie Schatten vorüberziehen. Solange uns der bloße
Augenblick einnimmt, mag dies Weiter- und Weiterstreben mit seiner Aufregung
volles Genüge bieten; aber ein schwerer Mißstand und Widerspruch wird
ersichtlich, sobald wir die einzelnen Vorgänge in ein Ganzes fassen und
einen Sinn dieses Ganzen verlangen, ein Widerspruch zwischen der Leere des
Gan-[5/6]zen und der Aufregung der einzelnen Stellen, ein Widerspruch darin, daß
die ganze Reihe immer von neuem über sich selbst hinausweist, daß nie
ein Abschluß erreicht wird, der das Streben in die Ruhe und Freude eines
endgültigen Besitzes verwandelte. Tiefere Seelen haben die Sinnlosigkeit
dieses bloßen Zeitlebens, den gespenstischen Charakter dieses unaufhörlichen
Kommens und Gehens schmerzlich empfunden, und große Dichter und Denker
haben solcher Empfindung oft einen ergreifenden Ausdruck gegeben; hören wir
beispielsweise nur, was Schelling darüber sagt: Ein Geschlecht
vergeht, das andere kommt, um selbst wieder zu vergehen. Vergebens erwarten wir,
daß etwas Neues geschehe, woran endlich diese Unruhe ein Ziel finde;
alles, was geschieht, geschieht nur, damit wieder etwas anderes geschehen kann,
das selbst wieder gegen ein anderes zur Vergangenheit wird, im Grunde also
geschieht alles umsonst, und es ist in allem Tun und aller Mühe und Arbeit
der Menschen selbst nichts als Eitelkeit: alles ist eitel, denn eitel ist alles,
was eines wahrhaften Zweckes ermangelt."
Aber diese starke Empfindung der Nichtigkeit des bloßen
Lebens in der Zeit verrät selbst schon zur Genüge, daß dieses
Leben uns keineswegs ganz und gar einnimmt, etwas Zeitüberlegenes muß
in uns wirken, wenn die Zeit mit all ihrem Reichtum uns so unzulänglich
wird. In Wahrheit ging von altersher durch [6/7] die Menschheit ein eifriges
Streben, sich irgendwie dem Bann der Zeit zu entwinden, irgendetwas Dauerhaftes
zu ergreifen oder auch hervorzubringen, an das der Wandel der Zeiten nicht
reiche. So suchte man in Denkmälern von Stein und Erz große
Ereignisse und Taten für die Nachwelt festzulegen, so grub man Berichte
davon in starre Felswände ein, so übte das Verlangen nach unvergänglichem
Ruhm eine dämonische Macht über die Gemüter. Tieferen Geistern
entging dabei nicht, daß alles Beharren in der Zeit keine Befreiung von
ihr bringe, sondern nur ein Aufschieben des Vergehens sei; so drängte es
sie über alle Zeit hinaus zum Suchen einer neuen Ordnung überzeitlicher
Art und eines ihr entsprechenden Lebens. Plato hat in seinem Gastmahl diesem
Verlangen, diesem Aufstreben der Menschenseele von der Zeit zur Ewigkeit, einen
wunderbaren künstlerischen Ausdruck verliehen; unter den neueren Großen
hat namentlich Goethe immer von neuem auf ein Ergreifen und Gegenwärtighalten
eines Ewigen in unserem Leben gedrungen:
Nichts von Vergänglichem,
Wie's auch geschah!
Uns zu verewigen
Sind wir ja da."
Auch ist es keineswegs bei bloßen Worten und Wünschen
geblieben. Eine Erfüllung jenes Verlan-[7/8]gens bringt die ganze
Verzweigung des Schaffens, welches wir geistig nennen. Denn wo immer es
erscheint, in der Wissenschaft wie in der Kunst, im Recht wie in der Moral,
durchgängig wird etwas errungen, was über dem Wandel der Zeiten liegt,
was sich gegenüber allen Zeiten behauptet. Das kann aber nur geschehen,
weil hier eine andere Art des Lebens aufkommt, ein Leben, das sich selbst einen
Inhalt gibt und damit zu einem Beisichselbstsein wird, das im eigenen Bereich
ein Beharren und ein festes Ziel gewinnt, damit aber zu wahrhaftigem Leben wird.
Wie ein solches Leben dem Befinden und der Willkür des Menschen überlegen
wird, so vermag es sich auch von dem Wandel menschlicher Dinge abzulösen
und ihm gegenüber festzulegen, so vermag, was aus den Kämpfen der Zeit
hervorging, unabhängig von aller Zeit zu werden. Indem weiter die hier
entstehenden Gebilde sich untereinander zusammenschließen, entsteht ein
gemeinsamer Besitz der Menschheit, ein Reich der Wahrheit, wölbt sich über
dem niederen Gebiet des menschlichen Tuns und Treibens das hohe Firmament einer
geistigen Welt als das Ziel und das Maß alles menschlichen Handelns. Nur
damit vermag sich von dem, was unter Menschen Kultur genannt wird, eine echte
Geisteskultur abzuheben, nur so wird ein Zusammenfassen und Überschauen des
Ertrages aller Zeiten möglich, wie es das unterscheidende Merkmal aller höheren
Bildung ist. [8/9]
Wer nicht von dreitausend Jahren
Sich weiß Rechenschaft zu geben,
Bleib im Dunkeln unerfahren,
Mag von Tag zu Tage leben."
Diese Entfaltung eines neuen, in sich selbst gegründeten
Lebens, des Geisteslebens, im Bereich der Menschheit ist nicht ohne eine
Geschichte. Denn jenes Leben ist nicht ein Erbe der bloßen Natur, und es
ist nicht unmittelbar mit einem Schlage erreichbar, nur fortdauernde Arbeit kann
es uns erringen und bewahren. Aber wie dieses Leben sich in einem schroffen
Gegensatz und unablässigen Kampf mit der menschlichen Durchschnittslage
befindet, so quillt es keineswegs leicht und bequem fortwährend aus dieser
hervor, vielmehr erlangt es eine deutliche Gestalt und eine aufrüttelnde
Gewalt nur an einzelnen Höhepunkten und erlangt das nur wie durch ein
Wunder, indem besondere Zeitlagen und überragende Persönlichkeiten
zusammentreffen; alsdann aber vermögen Schöpfungen zu entstehen,
welche klassisch heißen, weil sie Ewigkeitsgehalte verkörpern und
unserem Streben damit beharrende Ziele und sichere Richtlinien geben. So sind
sie, wenn auch zeitlich fern, keine bloße Vergangenheit, sie bleiben jung
wie am ersten Tag und erschöpfen sich auch nicht im Wirken. Daher können
sie uns immer neu bewegen und fördern, daher wird es uns immer von neuem
zur Aufgabe, ihren Ewigkeits-[9/10]gehalt zu ergründen, ihn immer reiner
herauszuarbeiten, ihn immer gründlicher für uns zu verwerten. So hebt
sich von der zeitgeschichtlichen Betrachtung eine geistesgeschichtliche ab; ihr
ist die Geschichte kein bloßes Weiter- und Weiterstreben, sondern ein
Festlegen und Zusammenschließen des in der Bewegung eröffneten
Wahrheitsgehalts, zugleich aber ein stetes Zurückkehren zu den Quellen
echten Lebens, ein Sichbesinnen und Sichvertiefen; alles Fortschreiten in der
Zeit enthält hier ein überwinden der bloßen Zeit. An eigner
Bewegung wird es dabei keineswegs fehlen, da jene Höhen immer neu zu
erringen und einander zu verbinden sind, aber soweit diese Betrachtung reicht,
hat guten Grund das Goethesche Wort:
Die Wahrheit war schon längst gefunden,
Hat edle Geisterschaft verbunden,
Das alte Wahre faß es an!"
Diese geistesgeschichtliche Betrachtung gilt aber besonders für
die Religion, für die Religion schon nach ihrem allgemeinen Wesen, mehr
noch für die geschichtlichen Religionen, am meisten für das
Christentum. Indem die Religion von aller Unzulänglichkeit und aller
Verwicklung menschlichen Daseins auf die tiefste Wurzel des Lebens zurückgeht,
stellt sie sich zugleich in einen vollen Gegensatz zu allem zeitlichen Werden;
wie der Gottheit Ewigkeit wesentlich ist, so kann auch ihre Eröffnung,
welche [10/11] die Religion dem Menschen zuführt, nicht dem Wandel der Zeit
unterliegen, so muß die Religion ihre Wahrheit als eine zeitüberlegene
geben und kann sie in ihrem Kern keine Veränderung dulden. Diese grundsätzliche
Behauptung erhält eine anschauliche Verkörperung in den
geschichtlichen Religionen, denn hier wird eine ewige Wahrheit dem menschlichen
Leben unmittelbar eingepflanzt, ein eigentümlicher Lebenstypus für
alle Zeiten festgelegt, das Streben der Menschheit unablässig auf die begründenden
Anfänge zurückgelenkt. Das Christentum aber verstärkt dieses
Ewige in der Geschichte weiter dadurch, daß seinen Kern nicht eigentümliche
Lehren oder Vorschriften, sondern die Begründung einer neuen Wirklichkeit,
die Vollziehung weltumwandelnder Taten bildet, die nur einmal zu geschehen
brauchen, nur einmal geschehen können, die daher allen weiteren Verlauf der
Zeiten beherrschen und zu ihnen allen zu wirken vermögen. Das steigert
zugleich das Recht und den Wert einer geistesgeschichtlichen Betrachtung, sie
hat jenes Leben mit denkbarster Kraft zu vergegenwärtigen und seine
Entwicklung nach allen Seiten hin zu verfolgen.
Nun aber tritt uns schaffendes Leben nicht nahe durch einen bloßen
Bericht davon, auch nicht durch eine Verwandlung in eine bloße Lehre,
sondern nur durch die direkte Vorführung seiner Tatsächlichkeit
[11/12] und durch Herstellung eines Kontaktes unserer Seele mit den geistigen Mächten,
die aus jenem wirken. Was in uns angelegt ist, aber zunächst einen
Schlummerstand nicht überwindet, das wird am ehesten erwachen, wenn jenes
ursprüngliche Leben in ungetrübter Gestalt mit aufrüttelnder
Kraft zu ihm spricht. Dies nun ist es, was der Sammlung der Schriften, welche
die Bibel zusammenfaßt, einen unvergleichlichen und unersetzlichen Wert
verleiht. Denn sie entrollen uns tiefste Erlebnisse nicht nur einzelner großer
Persönlichkeiten, sondern ganzer Völker, Erlebnisse in Streben und Kämpfen,
in Sorgen und Leiden, in Siegen und überwinden. Gewaltige Ereignisse,
wechselnde Schicksale ziehen an uns vorbei, den Menschen bis zum letzten Grunde
erschütternd, aber auch zur höchsten Höhe erhebend, alle
Mannigfaltigkeit aber mündet ein in das eigentliche, einzige und
tiefste Thema der Welt- und Menschengeschichte": den Konflikt des Glaubens
und Unglaubens. Was sich hier an Bewegung und Erfahrung eröffnet, das
vermag namentlich deshalb alle Saiten der Seele zu bewegen, allen Lebenslagen
gerecht zu werden, weil wie jede höhere Religion so im besonderen das
Christentum das Leben nicht in einer einzigen Ebene verlaufen läßt,
sondern ihm durch den Aufstieg zum Ja durch ein Nein eine fortlaufende Bewegung
einpflanzt und damit eine Geschichte innerlichster Art eröffnet. In drei
Stufen stellt sich [12/13] hier das geistige Leben dar: als grundlegend, kämpfend,
überwindend. Das Christentum verkündigt zunächst eine Macht der
Weisheit und Liebe als weltbegründend und weltdurchdringend, und es gibt
durch die Beziehung darauf allem menschlichen Leben und Tun einen tiefen Ernst
und eine unvergleichliche Größe; hier ist die Quelle aller
Erhabenheit, von hier kommen absolute Maße an unser Leben und halten ihm
unendliche Aufgaben vor. Aber zugleich waltet hier die Überzeugung, daß
die vorhandene Welt hinter diesen Aufgaben nicht nur weit zurückbleibt,
sondern daß sie ihnen schroff widerspricht; die Grundwurzel dieses
Widerspruches aber wird hier nicht in einer Schwäche oder Unvollkommenheit
der Natur, sondern in einer freien Tat, einer Schuld, einer Auflehnung und einem
Abfall gefunden; das steigert das Schlechte zum Bösen, den Fehler zur Sünde,
das verschärft damit gewaltig das Lebensproblem und läßt das
Unzulängliche, ja Unerträgliche der menschlichen Lage mit peinlichster
Stärke empfinden. Aber das Christentum überliefert den Menschen nicht
endgültig jener Lage, es hebt ihn erlösend und erhöhend darüber
hinaus durch die Mitteilung eines in göttlicher Liebe und Gnade gegründeten
Lebens; es gibt ihm durch das Teilgewinnen an solchem Leben eine sichere Überlegenheit
gegen alle Gefahren und Nöte, es erfüllt ihn mit freudiger Zuversicht
und mit unerschütterlicher Kraft, einer Kraft aber, die als eine verliehene
nie [13/14] zu trotzigem Selbstgefühl oder zur Eitelkeit eines im Leeren
schwebenden Übermenschentums" werden kann. Auch ist der hier
erreichte Sieg außer aller Gefahr, zu trägem Besitz und bequemem
Genießen zu sinken. Denn so gewiß im tiefsten Grunde das Leben von
aller Not befreit und der Widerstand der Welt gebrochen ist, dieser entschwindet
damit nicht völlig, er beharrt im nächsten Lebensstande, bringt immer
neue Versuchung, erzeugt immer neue Zweifel und fordert immer neue Überwindung.
So ist das heroische Handeln, das hier entsteht, kein bloßer
Durchgangspunkt, sondern es begleitet und durchdringt das ganze Leben; dieser
Heroismus, der eine unsichtbare Welt gegen die sichtbare setzt und unerschrocken
behauptet, ist nicht nur der gewaltigste, den das menschliche Leben aufweist, es
gibt überhaupt ohne ihn keine rechte Größe geistiger Art. Dieser
Heroismus ist nicht nur vereinbar mit tiefer Demut, sondern beide bilden
zusammengehörige Seiten ein und desselben Lebens, und wie die Entfaltung
der Kraft hier eine tiefe Dankbarkeit in sich trägt, so verflicht sie sich
eng mit Zartheit und Innigkeit des Gemütes. So verbleiben in unserer Welt
Licht und Dunkel nebeneinander; aber da das Licht die sichere Gewähr eines
endgültigen Sieges hat, so kann auch der härteste Widerstand die
trotzige Selbstgewißheit dieses Lebens nicht mindern. Damit erwächst
die Grundstimmung, der Luther den Ausdruck gibt: Das ist die geistige
[14/15] Macht, welche herrscht inmitten der Feinde und gewaltig ist in aller
Unterdrückung. Dies aber ist nichts anderes, als daß die Kraft in der
Schwachheit vollendet wird, und daß ich in allen Dingen am Heil gewinnen
kann, so daß Kreuz und Tod gezwungen werden, mir zu dienen und zu meinem
Heile mitzuwirken."
Daß so das Christentum sein erlösendes und erhöhendes
Ja erst mittels eines Hindurchgehens durch ein herbes Nein gewinnt, und daß
es auch beim Ja das Nein gegenwärtig hält, das gibt ihm eine
fortlaufende innere Bewegung und macht es fähig, allen Lebenslagen mit sich
anschmiegendem Verständnis gerecht zu werden und die ganze Stufenleiter der
Gefühle mit heiligendem Wirken zu durchdringen. Der Reichtum dieser
Bewegung kann aber mit aller Eigentümlichkeit der verschiedenen Seiten gar
nicht besser zur Entfaltung und Wirkung kommen als durch die Vorführung der
wirklichen Geschicke und Lebenserfahrungen mannigfacher großer Persönlichkeiten
oder auch ganzer Völker. Denn so kann alle Verschiedenheit sich unbefangen
entfalten, ein Durchblick des Lebens von allen Seiten gewonnen werden, nicht nur
das Ja in seiner Abstufung, sondern auch das Nein seine volle Aussprache finden,
so kann sich das Leben in voller Bewegung zeigen. Die Sorgen, Zweifel und Nöte
werden hier in keiner Weise unterdrückt oder [15/16] beiseite geschoben,
sie erlangen vielmehr einen klassischen Ausdruck. Oder lassen sich die Zweifel,
welche das tiefe Dunkel der menschlichen Geschicke immer von neuem erzeugt,
ergreifender schildern, als es im Buche Hiob geschieht, oder das Suchen
ringender Seelen anschaulicher nahebringen als in manchen Stellen der Propheten
und der Psalmen? Die Wahrhaftigkeit eines Selbsterlebens gibt auch der Sprache
eine schlichte Einfalt und macht sie jedem entgegenkommenden Gemüt verständlich.
Jene Wahrhaftigkeit verscheucht auch alle aufdringliche Tendenz, alle
selbstgerechte Lehrhaftigkeit; die Tatsachen wirken hier mit der Kraft von
reinen Naturgebilden, aber in höherer Potenz als in der sinnlichen Natur.
So gilt hier vollauf das Wort: Es ist die höchste Wirkung des
Geistes, den Geist hervorzurufen."
Dabei wird die Fülle der Darbietungen kein zerstreutes
Nebeneinander, kein wirres Durcheinander. Das schon deshalb nicht, weil die
Beziehung alles Geschehens auf das Verhältnis zu Gott der Mannigfaltigkeit
einen gemeinsamen Charakter verleiht und eine gemeinsame Aufgabe stellt, weiter
aber auch nicht, weil die Ereignisse und Erfahrungen sich zu einem
Gesamtgeschehen verbinden und der religiösen Überzeugung alles
Vorgehen sich einem beherrschenden Mittelpunkt unterordnet, ihm als vorbereitend
oder ausführend dient. Damit wird das Ganze ein großes Drama, dessen
Zusammenhang allen einzelnen Stellen [16/17] mit der Einfügung in den
Gesamtlauf eine erhöhte Bedeutung gibt. So ließ einmal die hier
vorhandene Fülle jedem einzelnen volle Freiheit, eben das zu suchen und
herauszuheben, was für seine besondere Art und seine besondere Lage
trostreich und förderlich war; so blieb er aber zugleich von einer
gemeinsamen Wahrheit umfangen; das Einzelgeschick ward hier auf das
Gesamtgeschick der Menschheit aufgetragen und dadurch bei sich selber veredelt.
Auch die eigentümliche Art jener Zeiten und Völker trug dazu bei, die
seelische Wirkung des Ganzen zu steigern. Die äußere Ferne
verhinderte nicht eine innere Nähe. Im besonderen wirkte bei den Personen
und Ereignissen der heiligen Geschichte der Zauber, den das Morgenland auf Gemüt
und Phantasie des Abendländers zu üben pflegt, anders war die Natur,
andersartig und einfacher das menschliche Leben. Aber jenes Ferne, jenes von
wunderbarem Glanz Umsäumte wurde uns zugleich das seelisch Nächste,
dasjenige, welches uns den Sinn unseres eignen Lebens erschloß, mit seinem
Licht dessen Dunkel erhellte. So von hier aus eine innere Erhöhung des
Eignen, im Besitz zugleich eine Sehnsucht, ein Hineinreichen des Wunderbaren und
Geheimnisvollen mitten in das Tagesleben. Wie das Verhältnis zur Bibel den
Menschen in die verschiedenen Phasen seines Lebens zu begleiten und ihn über
sich selbst hinauszuheben vermag, das hat vor kurzem Wilhelm von Bode in einem
geist-[17/18]vollen Aufsatz (Velhagen und Klasings Monatshefte, Nov. 1915) an
einem der größten Künstler aller Zeiten, an Rembrandt gezeigt.
Schon als Knabe durch seine fromme Mutter mit der Bibel vertraut, hat er sich
von ihr durch die Geschicke seines Lebens ständig begleiten lassen, und hat
er, was immer ihn seelisch bewegte, an der Darstellung ihrer Stoffe zu künstlerischem
Ausdruck gebracht, damit aber geklärt und veredelt. Bode zeigt im
besonderen, daß er im letzten Abschnitt des Lebens, wo ihn das Gefühl
einer moralischen Schuld bedrückte, zu Motiven seiner Gemälde
vornehmlich Darstellungen biblischer Szenen wählte, die sich auf Sünde
und Verzweiflung, aber auch auf Reue und Erlösung beziehen. Eines seiner
letzten Werke war die Rückkehr des verlorenen Sohnes, in seiner künstlerischen
Größe zugleich ein ergreifendes Zeugnis der Seelenstimmung des Künstlers,
eine Bekundung seines Vertrauens auf göttliche Liebe und Gnade.
Wie aber die Individuen, so konnten auch ganze Völker und
Zeiten aus den biblischen Schriften eben das an sich ziehen und dem eignen Leben
einverleiben, was ihnen Befestigung und Vertiefung verhieß. So erklärt
es sich leicht, daß verschiedene Zeiten und Gruppen verschiedene
Lieblingsschriften hatten. So stand im Neuen Testament für Luther und die
Reformation Paulus im Vordergrund, so wurden mystische und spekulative Seelen
namentlich vom [18/19] Johannesevangelium, dem einzigen, zarten, rechten
Hauptevangelium" nach dem Ausdruck Luthers, angezogen, nicht nur die
mittelalterlichen Mystiker, sondern auch die nachkantischen spekulativen Denker,
niemand mehr als Fichte; so erschienen die synoptischen Evangelien als der
Hauptquell der Wahrheit, wo man mit der Aufklärung in der schlicht
menschlichen Moral den Kern des Christentums fand und Jesus vornehmlich als den
Menschen- und Kinderfreund verehrte. Aus dem Alten Testament aber haben nicht
nur die tiefen seelischen Bewegungen, die in den Propheten und den Psalmen, wie
im Buche Hiob zum Ausdruck kommen, unzähligen Seelen Halt und Trost
geboten, auch die Geschicke des ganzen Volkes Israel, seine Kämpfe, Leiden
und Siege, haben die Gemüter da gefesselt und gestärkt, wo harte Kämpfe
von Ganzem zu Ganzem zu bestehen waren, und wo man von der Unbill der Menschen
zum Walten Gottes seine Zuflucht nahm in festem Vertrauen darauf, daß er
die gerechte Sache nicht werde unterliegen lassen. So in den Reformationskriegen
die Niederländer und die Schotten, so die Heere Cromwells, so erweist es
von neuem seine stärkende Kraft in den schweren Kämpfen der Gegenwart.
Demnach spiegelt das Verhältnis zur Bibel die Eigentümlichkeit der Völker
und Zeiten und ergibt in seinen Wandlungen einen fesselnden Durchblick der
Menschheitsgeschichte. [19/20]
Wenn aber so die Bibel jeder Eigentümlichkeit ihr Recht gewährt
und jedem seinen eignen Weg beläßt, so wirkt sie andererseits als
eine Kraft der Verbindung nach allen Seiten des Lebens. Das aber nicht nur
dadurch, daß sie alle Vorgänge mit der weihevollen Stimmung eines
hehren Tempels umfängt, sondern auch infolge der Stellung, welche sie seit
langer Zeit im Gesamtleben unseres Kulturkreises einnimmt. So hilft sie zunächst
dem einzelnen als treue Begleiterin dazu, die verschiedenen Abschnitte seines
Lebens seelisch zusammenzuhalten. In zartem Kindesalter pflegt sie an den
einzelnen zu kommen, so senken sich ihre Eindrücke besonders tief in die
Seele ein, um sich an allen großen Wendepunkten neu zu regen, im besondern
aber gegen den Abschluß des Lebens kräftig wieder hervorzubrechen.
Als Kant am letzten Geburtstag, den er erlebte, die Summe seines Lebens zog, faßte
er sie in das Psalmwort zusammen: Unser Leben währet siebenzig Jahre,
und wenn es hoch kommt, so sind es achtzig Jahre, und wenn es köstlich
gewesen ist, so ist es Mühe und Arbeit gewesen." Zusammenhaltend wirkt
die Bibel weiter gegenüber den verschiedenen Schichten und Klassen eines
Volkes und löst damit eine Aufgabe sehr bedeutender Art. Je mehr die
Bewegung der Kultur Unterschiede und Abstufungen erzeugt und dadurch die
Menschen auseinandertreibt, desto notwendiger wird eine Gegenwirkung, ein
Aufrechterhalten einer inneren Gleichheit [20/21] alles dessen, was menschliches
Angesicht trägt, ein Anerkennen eines gemeinsamen, aller Scheidung überlegenen
Lebenszieles; eine solche Gegenwirkung aber geht unverkennbar von der Bibel aus,
von ihrer Verbindung schlichter Einfalt und tiefster Wahrheit. Daß sie
aber die Seelen einander nähert und sie sich gegenseitig verstehen lehrt,
das ist wichtig nicht nur für die politischen und sozialen Verhältnisse,
sondern auch für die rein menschliche Seelenlage und Lebensstimmung. Die
Differenzierung und Individualisierung der Arbeit zwingt die einzelnen
Individuen zur Ausbildung eines besonderen Lebens- und Gedankenkreises und
bedroht sie bei aller überströmenden Fülle äußerer Berührungen
mit einer gegenseitigen seelischen Entfremdung, mit einer Vereinsamung jedes
einzelnen; eine solche aber führt unvermeidlich zu einer inneren Verarmung
des Lebens und einer Verkümmerung der Persönlichkeit. War es demgegenüber
von jeher ein Hauptwerk der Religionen, eine gemeinsame seelische Atmosphäre
zu schaffen, wo Erlebnisse und Erfahrungen der einzelnen einander begegnen und
mitteilen konnten, so dürfte in der Gegenwart vornehmlich die Bibel mit
ihrer Überlegenheit gegen alles sektenhafte Formelwesen zu solchem Werke
berufen sein.
Aber nicht nur die Individuen und die Schichten eines Volkes,
sondern auch die ganzen Völker und Zeiten finden hier einen gemeinsamen
Boden zur Be-[21/22]kämpfung von Absonderung und Zerstreuung. Die
verschiedenen Zeiten bilden hier eine fortlaufende Kette, die Jahrhunderte und
Jahrtausende werden uns vertraut, wenn wir sehen, daß ihr Seelenleben aus
denselben Quellen schöpfte, an die auch wir uns halten; so reichen
Vergangenheit und Gegenwart einander die Hand, und im Neuen wird unmittelbar ein
Altes ergriffen. Je mehr ferner die Verstärkung des nationalen Lebens die Völker
auf verschiedene Bahnen treibt und sie sich gegenseitig zu entfremden droht,
desto schätzbarer, desto unentbehrlicher wird der Menschheit ein
gemeinsamer Besitz, wie ihn die Bibel gewährt. Diese Gemeinschaft reicht über
Lehren und Überzeugungen hinaus in die Sprache und die Bilder hinein. Die
Literatur und auch die Volkssprache der verschiedenen Nationen ist überreich
an Worten und Gleichnissen, die aus der Bibel stammen; auch das bildet eine Brücke
von einem Volk zum anderen und stärkt das Gefühl der Zusammengehörigkeit.
Auch das möchten wir erwähnen, daß selbst die Verschiedenheit
der religiösen Überzeugungen und das Auseinandergehen der
wissenschaftlichen Forschung eine gemeinsame Schätzung dieser Lebensquelle
keineswegs aufzuheben braucht. Je unbefangener wir diese Quelle auf uns wirken
lassen, desto leichter können wir ertragen, daß jeder in ihrer
Aneignung besondere Wege einschlägt. Auch die moderne historische Kritik
mit all ihrem guten Recht braucht daran nichts zu ver-[22/23]ändern. Auch
hier möchten wir ein Wort des großen Lebensweisen heranziehen, der so
oft gemeinsamen Überzeugungen einen treffenden Ausdruck gab. Goethe sagt in
dem Aufsatz: Israel in der Wüste": Kein Schade geschieht
den heiligen Schriften, so wenig als jeder anderen Überlieferung, wenn wir
sie mit kritischem Sinne behandeln. - Der innerliche, eigentliche Ur- und
Grundwert geht nur desto lebhafter und reiner hervor, und dieser ist es auch,
nach welchem jedermann, bewußt oder bewußtlos, hinblickt, hingreift,
sich daran erbaut und alles Übrige, wo nicht wegwirft, doch fallen oder auf
sich beruhen läßt." So erscheint in allen Punkten jenes
einigende, menschen- und zeitenverbindende Wirken, in dem Goethe die
Hauptleistung des Heiligen findet:
Was ist das Heiligste? Das
Was heute und ewig die Geister,
Tiefer und tiefer gefühlt,
Immer nur einiger macht."
Bis dahin beschäftigte uns das Wirken der Bibel auf das
menschliche Seelenleben und auf das Verhältnis von Mensch zu Mensch. Darüber
hinaus hat sie aber auch auf das geistige Schaffen gewirkt und hat ganzen
Lebensgebieten fruchtbarste Antriebe und wertvollste Förderung gebracht,
keinem mehr als dem der Kunst und der Literatur, das unsere Betrachtung [23/24]
daher vornehmlich herausgreifen mag. Von Haus aus stehen Kunst und Religion in
einem Verhältnis der Verwandtschaft sowohl als einer gegenseitigen Ergänzung.
Beide erbauen dem Alltagsleben gegenüber eine neue Welt, beide bedürfen
einer Erhebung über seine Niederungen und eines wegebahnenden Schaffens der
Phantasie; ja nirgends hat die Phantasie einen größeren Zug und mehr
Gestaltungskraft erwiesen als in der Religion. Nichts bewundern wir mehr an den
Schöpfern der geschichtlichen Religionen als die Kraft, der ganzen
sichtbaren Welt eine unsichtbare entgegenzusetzen und dieser die
Anschaulichkeit, die Handgreiflichkeit, die innere Nähe zu geben, daß
sie weiten Kreisen der Menschheit zur geistigen Heimat werden und ihnen die
sichtbare Welt zu einer Fremde machen konnte. Aber wenn die Religion eine
unsichtbare Welt über die sichtbare weit hinaushebt, so strebt die Kunst
mit ihrem Gestalten in die sichtbare Welt hinein; eben wegen solcher
Verschiedenheit kann die eine die andere aufs ergiebigste fördern. Wie die
Welt der Religion alles Vermögen faßlicher Begriffe übersteigt
und doch auf lauterste Wahrheit Anspruch macht, so bedarf sie für das
Wirken zur Seele symbolischer Zeichen, ja einer symbolischen Darstellung ihres
Ganzen, und dafür sieht sie sich notwendig auf die Hilfe der Kunst
angewiesen. Ihrerseits aber empfängt die Kunst von der Religion die
Richtung auf die letzten Tiefen und die [24/25] entscheidenden Geschicke des
Menschenwesens, sie wird durch den Ernst und die Größe, die aus der
Verbindung mit jener erwachsen, am sichersten davor behütet, sich in die
kleinen Angelegenheiten des privaten Lebens einzuspinnen und dessen
Verwicklungen in dumpfem Spießbürgersinn bis ins Unerträgliche
wiederzukäuen. Alles Heroische in der Kunst führt in die Nähe der
Religion. Dazu kommt die Besonderheit der biblischen Schriften mit ihrer
eindringlichen Vorhaltung eines überaus reichen Gemäldes von Natur und
Menschenleben. Die Natur zeigt hier sowohl die erhabensten wie die anmutigsten Züge,
von der unvergleichlichen Erhabenheit des Schöpfungsberichtes bis zu den
idyllischen Szenen des Hirtenlebens am Brunnen; wilder Sturm mit Donner und
Blitz wie stilles Säuseln mit friedvoller Landschaft treten gleichmäßig
vor Augen. Und mehr noch enthüllt das Menschenleben mannigfaltigste
Gestalten und Geschicke, in ihrer schlichten Einfalt aufs kräftigste
ausgeprägt, charakteristische Typen des Menschenwesens, auch dadurch ins
Monumentale wirkend, daß sie uns in eine wohltuende Ferne gerückt
sind, von wo nur die großen Züge zu uns sprechen, und wo
biographische Kleinkunst nicht von der Hauptsache ablenkt. So erhielt hier die
Phantasie sowohl kräftige Anregungen als feste Anhaltspunkte; kein Wunder,
daß schaffende Geister sich von diesen Gestalten aufs mächtigste
angezogen gefühlt und in ihre Darstellung das Beste ihrer Seele [25/26]
ergossen haben, kein Wunder auch, daß die Befassung mit ihnen namentlich
in solchen Zeiten innig und fruchtbar wurde, wo es neue Höhen zu erklimmen
und einer Verkünstelung der Kultur ursprüngliches Leben
entgegenzusetzen galt. So waren es eben die Allergrößten, welche hier
Anschluß suchten und aus dieser Quelle schöpften, das aber ebensowohl
in den bildenden wie in den redenden Künsten, in Plastik und Malerei, wie
in Musik und Poesie; es genügt, die Namen von Michelangelo und Dürer,
von Bach und Goethe zu nennen. Ihnen allen war dabei die Welt der Bibel nicht
nur die wertvollste Hilfe zur Herausarbeitung der Tiefe des eignen Wesens, sie
fanden hier auch eine geistige Atmosphäre, die sie mit dem großen
Kreise der Empfangenden eng verband und sie unmittelbar von Seele zu Seele
wirken ließ. Ein derartiger gemeinsamer Boden, der auch die Symbole des
einen den anderen leicht verstehen läßt, ist unentbehrlich für
alles große Schaffen der Kunst; wie will auch die moderne Kunst je wieder
zu kräftigem Vordringen und zur Macht über die Menschheit gelangen,
wenn ihr nicht das Leben eine innere Einheit entgegenbringt, aus der sie zu schöpfen
und auf die sie zu wirken vermag? - So stellt sich die Wirkung der Bibel auf
Kunst und Literatur als unermeßlich dar; man streiche aus ihnen, was von
jener angeregt ist, und man steht vor einer unerträglichen Lücke, ja
Leere. [26/27]
Was immer aber von der starken und tiefen Wirkung der Bibel auf
das Leben und Schaffen gesagt ward, das gilt im besonderen von der deutschen Art
und dem deutschen Volk. Unsere innerste Natur und der Verlauf unserer Geschichte
verbinden sich dabei zur Wirkung. Wir Deutsche haben eine schwere Art und müssen
viel Mühe des Lebens auf uns nehmen. Denn Leben ist uns keineswegs ein
bequemes Entfalten und Genießen einer fertiggegebenen Natur, sondern wir
haben die Höhe unseres Wesens erst in harter Arbeit zu erklimmen, wir
finden auf diesem Wege manche Hemmungen vor, ja wir haben einen großen
Widerspruch bei uns selbst zu überwinden, indem es uns einmal zu rüstigem
Wirken und Gestalten in die sichtbare Welt hinein, zugleich aber auch in die
Innerlichkeit der Seele treibt und in dieser eine unsichtbare Welt entfalten läßt.
So haben unsere führenden Geister meist nur durch Zweifel und Kampf, durch
Kampf nicht nur nach außen, sondern auch gegen sich selbst, die Höhe
ihres Schaffens gefunden; es ist bezeichnend für sie, daß manchem von
ihnen der Weg nicht ein gerader Aufstieg war, sondern einen Bruch mit der anfänglichen
Richtung zu vollziehen hatte. So setzte Luther zuerst die volle Kraft seiner
feurigen Seele an eben die Gestalt der Religion, deren entschiedenster Gegner er
später wurde; so gehörte Kant mit Denkart und Arbeit zunächst
derselben Aufklärung an, die seine Vernunftkritik später aufs gründ-[27/28]lichste
erschüttert hat; so mußten unsere größten Dichter, so mußten
Goethe und Schiller den Ungestüm des Sturmes und Dranges bei sich selbst
erst bändigen, um ihre reifen Werke schaffen zu können; so hat auch
der größte deutsche Staatsmann, so hat Bismarck das anfängliche
Junkertum erst abstreifen müssen, um zum Schöpfer deutscher Einheit zu
werden. Aber wenn so das Leben den deutschen Führern voller Mühe und
Arbeit war, so gewann es zugleich einen durchdringenden Ernst und eine
unvergleichliche Tiefe; es setzte mit besonderer Stärke den ganzen Umkreis
des Daseins in Bewegung, es wurde in hervorragendem Maße zu eigner
Entscheidung und Tat, es ließ aber zugleich das Angewiesensein des
Menschen auf unsichtbare Zusammenhänge, auf höhere Mächte mit
tiefer Ehrfurcht empfinden. Es leuchtet ein, daß solche Bewegungen und Kämpfe
die Welt der Bibel der Seele naherücken mußten.
So bestätigt und bekräftigt es weiter der Verlauf der
deutschen Geschichte. Die Bibel hat die Bewegung unserer Literatur durch ihren
ganzen Verlauf treu begleitet, sie hat namentlich an großen Wendepunkten
einen starken Einfluß geübt und uns besonders in dem Streben gefördert,
das Ursprüngliche und Eigentümliche unserer Art mit voller Kraft
herauszubilden und gegen Verkümmerungen durchzusetzen. Ursprüngliches
hier und Ursprüngliches dort fanden sich leicht und glücklich
zusammen. Wie uns [28/29] eine höhere Kultur in Verbindung mit dem
Christentum zugeführt wurde, leider nicht ohne manchen Verlust an
nationalem Besitz, so stand von Anfang an unser literarisches Schaffen in
engstem Zusammenhang mit der Bibel; es genügt dafür an den Heliand,
jenes altsächsische Heldengedicht, zu erinnern, das biblische Erzählung
und deutsche Empfindung wunderbar miteinander verschmilzt; die deutsche Mystik
des Mittelalters hatte ein nahes Verhältnis zur Bibel und war aufs
eifrigste bemüht, ihren Inhalt, im besondern ein johanneisch gefaßtes
Christentum, in unmittelbares Leben zu verwandeln, was endlich durch Luthers
Bibelübersetzung die Bibel dem deutschen Volke nicht nur für seine
Sprache, sondern auch für seine nationale Einheit, ja für das Ganze
seines Lebens geworden ist, wie sie alle seine Schichten in jene Welt
hineingezogen und damit durchdrungen hat, daran nur zu erinnern, mag schon als überflüssig
erscheinen. Man überschaue einmal in Büchmanns Geflügelten
Worten" die Zusammenstellung dessen, was die deutsche Sprache an biblischen
Ausdrücken und Bildern enthält, und man empfindet sofort, wie
untrennbar unser Leben mit der Welt der Bibel verwachsen ist.
Auch das Selbständigwerden der modernen Kultur in der Aufklärung
hat wohl anderes in der Bibel sehen lassen, andere Seiten in ihr hervorgekehrt,
im besondern das Moralische und Lehrhafte in den Vordergrund gestellt, aber den
Zusammenhang mit der [29/30] Bibel hat es nicht aufgegeben. Eine besondere
Innigkeit aber gewann dieser Zusammenhang, als das deutsche Leben die Schranken
der Aufklärung überwand und mehr ursprüngliche Fülle des
Lebens erstrebte. Jeder der führenden Geister hat dabei eigne Wege
verfolgt, hat Eigentümliches beigetragen. Ein Bewußtsein, fremden
Leistungen vollauf gewachsen zu sein, hat die deutsche Literatur erst an
Klopstocks Messias gefunden; wir wissen, wie sehr Lessings frischen und klaren
Geist die Bibel beschäftigt hat, wir wissen auch, wie Herder auf die
tiefsten Wurzeln des Völkerlebens nicht zurückgreifen konnte, ohne den
Reichtum und die Schönheit der Bibel mit begeisterten Worten zu verkünden;
namentlich aber blieb Goethe durch alle Phasen seines Lebens in engem
Zusammenhange mit ihr, und die Art, wie seine Behandlung, tiefe Ehrfurcht und
geistige Freiheit verbindend, uns die hier gebotene Welt sehen läßt,
vermag einen dauernden Zauber zu üben. Wunderbar versteht er es, die
biblischen Erzählungen ins Grundmenschliche zu wenden und sinnig im
einzelnen Vorgang eine durchgehende Wahrheit zu finden. Daß in Ägypten
ein König aufkam, der nichts mehr von Joseph wußte, das verkörpert
ihm die Vergänglichkeit alles menschlichen Ruhmes; daß Saul, der Sohn
Kis, auszog, um seines Vaters Eselinnen zu suchen, und dabei ein Königreich
fand, das wird ihm ein Zeugnis dafür, daß der Mensch in seinem
Streben oft das selbst-[30/31]gesteckte Ziel nicht erreicht, daß er dafür
aber etwas anderes erreicht, was unvergleichlich mehr bedeutet als das Gewollte;
die Erzählung aber von Jesu Wandeln auf dem Wasser, während die Jünger
versinken, dient ihm zur Bekräftigung der Überzeugung, daß kein
großes Unternehmen möglich ist ohne einen felsenfesten Glauben und
ohne ein Vollbringen dessen, was dem ersten Anblick unmöglich dünkt. Über
Goethe sei Schiller nicht vergessen; auch ihm ist die Bibel sehr viel gewesen.
Betrachten wir nur sein geniales, wenn auch ungestümes Jugendwerk, die Räuber,
wir finden seinen ganzen Verlauf von Beziehungen zur Bibel durchwirkt. Daß
ihre Anziehungskraft auf große Dichter auch in das 19. Jahrhundert
hinein und bis zur Gegenwart reicht, das brauchen wir kaum zu erwähnen. Am
beweiskräftigsten für die Wirkung der Bibel ist vielleicht die
Tatsache, daß viele Autoren ihr eigentümliche Wendungen gebrauchen,
ohne dessen bewußt zu sein, ja daß selbst schroffe Gegner des
Christentums der Sprache und mit ihr auch dem Geist der Bibel sich nicht zu
entziehen vermögen. Daß auch die deutsche Musik, die deutsche
Bildhauerei, die deutsche Malerei in reichstem Maß und zu reichster Förderung
aus dieser Quelle schöpften, das bedarf keiner näheren Darlegung.
Es liegt in der eigentümlichen, mehr unpersönlichen
Art der eigentlichen Philosophie, daß hier die Beziehung zur Bibel mehr
zurücktritt. Aber sie wird [31/32] um so stärker, je mehr in der
Denkarbeit die Persönlichkeit erscheint, und je mehr die eigne Seele des
Denkers eine innere Fortbildung erfährt. So ist es bezeichnend, daß
wohl kaum bei einem anderen Philosophen das Verhältnis zur Bibel so eng mit
inneren Wandlungen zusammenhängt wie bei Fichte, dem Propheten der
nationalen Erhebung. War in seiner früheren Lebenszeit jenes Verhältnis
kein inniges, so gewann es seit dem Atheismusstreit eine überraschende Stärke.
Im besondern verwob er das Johannesevangelium aufs engste mit dem eignen
Schaffen. Man hat festgestellt, daß namentlich vom Jahre 1804 ab alle
seine Arbeiten die Spur dieses Evangeliums tragen, und zugleich das letzte
Jahrzehnt von Fichtes Leben als seine Johanneische Periode"
bezeichnet (s. Medicus, J. G. Fichte, 1905). Auch das Alte Testament blieb ihm
keineswegs fremd. Wenn er in seinen Reden an die deutsche Nation mit freudiger
Vorausschau die Auferstehung des deutschen Geistes verkündet, so beruft er
sich dabei auf das mächtige Gleichnis Hesekiels von den Totengebeinen, die
der göttliche Geist wiederbelebt, und schließt die ergreifende
Schilderung mit den Worten: Der belebende Odem der Geisterwelt hat noch
nicht aufgehört zu wehen. Er wird auch unseres Nationalkörpers
erstorbene Gebeine ergreifen und sie aneinanderfügen, daß sie
herrlich dastehen in neuem und verklärtem Leben." Auch Hegel, der am
meisten syste-[32/33]matische und in reinen Begriffen schwebende aus der Reihe
der deutschen Denker, hat sich den Einflüssen der Bibel nicht entzogen. Wie
er von früh an auch wissenschaftlich sich viel mit biblischen Hauptfragen
beschäftigt hat, so zeigt auch später seine Sprache eben an
entscheidenden Höhepunkten ein Zurückgreifen auf biblische Wendungen
und verleiht damit auch dem Gedanken eine größere Nähe und
Anschaulichkeit, einen Gefühlston wärmerer Art. Was damit eingeflossen
ist, das hat nicht wenig zur Wirkung des Ganzen beigetragen.
So hat gerade an Wendepunkten des Lebens und an Höhepunkten
der Arbeit die Bibel einen starken Einfluß auf den deutschen Geist geübt,
sie hat wesentlich dazu beigetragen, ihn vor drohender Erstarrung zu bewahren
und zu seiner ursprünglichen Kraft zurückzurufen. Sollten wir nicht
auch heute an einem Wendepunkt stehen, sollten wir nicht auch heute eines Zurückgehens
auf ursprüngliche Quellen bedürfen? Zunächst schon wegen des
gewaltigen Weltkriegs, wegen der Kraft und des Heldenmuts, die er verlangt,
wegen der Opfer, die er uns auferlegt, wegen all seiner Gefahren und Nöte,
die nur ein gesteigertes, nur aus tiefsten Gründen schöpfendes Vermögen
uns siegreich bestehen lassen kann. Auch für die Aufgaben, die sein Abschluß
mit sich bringen wird, bedürfen wir eines inneren Aufstiegs, bedürfen
wir schaffender Kräfte, die kein bloßer Entschluß erzwingen
kann, [33/34] die bei uns emporsteigen müssen. Aber dieser kommenden
Aufgaben können wir nicht gedenken ohne zu gewahren, daß das
Hauptproblem weit über den Krieg hinausgeht und weit hinter ihn zurückreicht.
Die Gesamtbewegung der Neuzeit hat bei erstaunlicher und unangreifbarer Leistung
nach besonderen Richtungen hin das Leben als Ganzes und Inneres in eine große
Unsicherheit, ja in eine schwere Krise gebracht. Jugendfrisch und siegesfroh
ging ihr Zug in die uns umgebende Welt, sie hat unvergleichlich mehr in dieser
erkannt und unvergleichlich mehr aus ihr gemacht, aber sie hat immer mehr einen
ihr überlegenen Standort aufgegeben, sie hat einen beherrschenden
Mittelpunkt verloren und ist damit tief unter die Botmäßigkeit eben
dessen geraten, das sie beherrschen und genießen wollte. Unermeßliche
Kraft ward entwickelt und das Leben in raschesten Fluß gebracht, aber die
Sorge um die Kraftsteigerung verdrängte die um einen Gehalt und einen Sinn
des Lebens, inmitten aller glänzenden Leistungen sank das Ganze der Persönlichkeit,
wurden die Menschen als Menschen kleiner und kleiner. Die Kultur sollte den Kern
des Lebens bilden, aber ihr eigner Gehalt geriet in arge Unsicherheit, und immer
schwerer wurde es ihr, eine belebende Seele zu wahren, Reinheit der Gesinnung,
Tiefe und Kraft des Schaffens hervorzubringen. Die Neuzeit rief den Menschen zu
stolzem Selbstgefühl auf, sie gab ihm den Antrieb, sich möglichst von
allen [34/35] Zusammenhängen einer unsichtbaren Welt abzulösen und
sich lediglich auf sich selbst zu stellen, im eignen Bereich, d. h. in der
Steigerung seines Wohlseins, das Ziel der Ziele zu finden. Einer solchen Strömung
entsprach es, wenn Ludwig Feuerbach sagte: Gott war mein erster, Vernunft
mein zweiter, der Mensch mein dritter und letzter Gedanke." Von Anfang an
lag die Frage nahe, ob am Menschen viel geistig Wertvolles verbleibt, wenn ihm
alles genommen wird, was mit Gott und Vernunft zusammenhängt, und ob es
sich dann noch lohnt, für sein Wohlsein harte Mühe aufzubieten und
schwere Opfer zu bringen. Diesem Zweifel aber hat der Fortgang der Dinge eine überwältigende
Eindringlichkeit gegeben; schon die Zeit vor dem Kriege hat so viel Kleines, so
viel Unerfreuliches, ja so viel Widerwärtiges am menschlichen Getriebe vor
Augen gestellt, so viel Selbstsucht und Eitelkeit, so viel Neid und Haß,
so viel Scheingepränge und Nichtigkeit, daß die Verklärung,
welche von älteren Lebenszusammenhängen her dem Bilde der Menschheit
noch verblieb, immer gründlicher ausgetrieben ward. Zugleich aber mußte
das Wohlsein dieses bloßen Menschen dem Handeln als Ziel unzulänglich
werden, es verblaßten die Fortschrittshoffnungen, der Mensch ward dem
Menschen auch in dieser Hinsicht zu klein. Der Krieg hat das alles noch verstärkt.
Wohl hat er innerhalb der einzelnen Völker viel Großes erwiesen, -
wir Deutsche ge-[35/36]denken mit tiefer Dankbarkeit namentlich unseres
unvergleichlichen Heeres -, aber vom Ganzen her angesehen stellt sich das Bild
der Menschheit überaus trübe dar; zu jenen schweren Schäden und
ihrer Steigerung ins Massenhafte kommt die Spaltung und innere Verfeindung der
Menschheit, kommt das Unvermögen der Wahrheit, zu den Menschen
durchzudringen, kommt die klägliche Abhängigkeit der sog. öffentlichen
Meinung von selbstischen und niedrigen Mächten, kurz, das Problem ist noch
weiter verschärft, und für jeden tiefer Denkenden tritt mit zwingender
Klarheit jetzt das schroffe Entweder-Oder vor Augen: entweder ist das
Menschheitsleben in weiteren Zusammenhängen gegründet und empfängt
daraus hohe Ziele sowohl als die Kraft, sich ihnen zu nähern, oder das
ganze Dasein des Menschen ist eine Verirrung des Alls, ein täuschender
Schein, ein Widerspruch in sich selbst; nur eine flache und vage Denkart kann
hier zu vermitteln versuchen. Je deutlicher aber dieses Entweder-Oder wird,
desto mehr verschiebt sich auch die Frage nach der Hauptbewegung des Lebens.
Kultur und Religion beantworten jene verschieden. Die geschichtlichen
Religionen, im besondern das Christentum, machten den Kampf zwischen Gut und Böse
und damit das ethische Verhalten zum beherrschenden Mittelpunkte des Lebens, sie
rissen damit die Welt auseinander und riefen den Menschen zu einer
folgenschweren Entscheidung auf, sie stellten sein Geschick [36/37] vornehmlich
auf seine Tat und Verantwortung. Die Kultur dagegen sah im Leben einen allmählichen
Aufbau auf einem von Haus aus sicheren Grunde; die Tat tritt ihr zurück vor
einem aus eigner Notwendigkeit fortschreitenden Prozeß, die Welt stellt
sich hier als ein einziges Gewebe dar, das Ethische wird ein bloßes Mittel
für die Steigerung der Kraftentfaltung. Diese Denkweise hatte in der
Neuzeit mehr und mehr die Menschheit gewonnen und gab ihren Vorrang gern als
unbestreitbar; nun aber erfahren wir einen Rückschlag, nun überzeugen
wir uns, daß wir uns keineswegs schon in einem Reich der Vernunft
befinden, und daß unser Leben, geistig angesehen, eine feste Grundlage
nicht von Haus aus besitzt, sondern um eine solche zu kämpfen, und zwar
immer von neuem zu kämpfen hat. Wird damit wieder zum Hauptproblem die
Entscheidung über die Hauptrichtung des Lebens, so verschiebt sich der
Anblick aller Gebiete, so hebt sich mit voller Deutlichkeit der Kampf um eine
Seele und um einen Sinn des Lebens mit überlegener Stärke aus allem
verwickelten Getriebe der Durchschnittskultur hervor, so fühlt der Mensch
sich wieder im Werden und voller Sehnsucht nach neuen reineren Anfängen,
nach einer Abschüttelung all des elenden Tandes und der selbstgefälligen
Nichtigkeit jener Kultur; solche Bewegungen treiben aber mit zwingender Kraft
die Fragen der Religion neu hervor, sie geben zugleich [37/38] dem Gehalt und
den Gestalten der Bibel eine frische Anziehungskraft.
Mit solcher Wendung wächst auch die Bedeutung der
Bestrebungen, den hier gebotenen Schatz der Gegenwart möglichst
nahezubringen, nicht nur den einzelnen Seelen, sondern auch der Arbeit ganzer
Lebensgebiete. Wahrhaft Großes, so sahen wir, erschöpft kraft seines
Ewigkeitsgehaltes sein Wirken nicht in der Zeit, es stellt sich bei sicherer
Tatsächlichkeit zugleich als eine fortlaufende Aufgabe dar, es kann jeder
Zeit Eigentümliches und Neues bringen. So gilt es auch von der Bibel, als
einer
reinen reichen Quelle,
Die nun dorther sich ergießet,
Überflüssig, ewig helle,
Rings durch alle Welten fließet."
Wir sahen weiter, daß uns Deutschen diese Schriften der
Entwickelung unseres nationalen Lebens aufs engste verbunden sind. Das gilt auch
von dem Streben, sie zu verbreiten. Es war das Verlangen, die seelische Erhebung
der Befreiungskriege festzuhalten und weitesten Kreisen nahezubringen, welches
die Gründung deutscher Bibelgesellschaften hervorrief. Sahen doch ernste
Seelen in den Kämpfen und Siegen jener Zeit einen handgreiflichen Erweis
der Macht der Religion und zugleich der Bibel als des Quells des
geisti-[38/39]gen Lebens", wie das Vorwort zur Hannoverschen Bibelausgabe
von 1816 sie nennt. Damals war der Sieg schon errungen, heute glit [gilt] es
erst, ihn zu erringen; um so notwendiger ist die Zusammenfassung aller Kräfte,
die Heranrufung aller guten Geister, ein Schöpfen aus tiefsten Quellen des
Lebens. Nichts gibt einem Volk mehr Stärke als eine enge Verbindung von
Religiösem und Nationalem; möchte höchste Stärke auch
unserem deutschen Volke beschieden sein!
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